100 Gärtnereien und der Greta-Effekt

100 Gärtnereien und der Greta-Effekt 12.05.2021

Wie ein Buch-Projekt der Herforder Garten- und Reisejournalistin Anja Birne durch die Corona-Krise geholfen hat. Dem Klimawandel wollen immer mehr Leute durch eine alternative Gartengestaltung begegnen.

 

Gärtnerinnen und Gärtner sind glückliche Menschen! So lautet der Titel des Zoom-Vortrags,  den die VHS am Donnerstag, den 10. Juni mit der Herforder Garten- und Reisejournalistin Anja Birne anbietet. Die Bilderreise führt Sie an diesem Abend zu den interessantesten Gärtnereien in Deutschland, Österreich und der Schweiz und verspricht lebendige Begegnungen mit Gärtnerpersönlichkeiten und ungewöhnlichen Pflanzen. Alle weiteren Informationen zu diesem Abend finden Sie hier (Kurs-Nr. 20-68550).

 

 

Herford. "Nach einem warmen Regen ziehen überraschende Düfte durch die Clematis-Gärtnerei. Gerade, wenn die Erde noch dampft, der Himmel bedeckt ist und eine hohe Luftfeuchtigkeit die flüchtigen Aromen hält." So sinnlich beschreibt die bekannte Herforder Garten- und Reisejournalistin Anja Birne in ihrem neuen Werk "Das große Buch der Gärtnerinnen und Gärtner" ihren ersten Eindruck der Baumschule Wilhelm Kruse.
Kruse hat sich auf seinem Hof in Melle-Westhoyel, den seine Eltern geerbt hatten, auf die Zucht von Clematis spezialisiert - insbesondere der Wildarten. Wer selbst diesen Duft nach "Vanille, Mandeln oder heißer Schokolade" schnuppern möchte, braucht nicht über die Landesgrenze zu fahren. Der alte Herforder Wilhelm Kruse steht jeden Samstag auf dem Wochenmarkt am Herforder Rathaus und bietet mit großem Zuspruch den vielen Leuten, die ihn kennen, eine Auswahl seiner jetzt erblühenden Pflanzen an.
"Online-Versand schaffe ich kaum noch"
Wie fühlt es sich an, zusammen mit 100 anderen Gärtnerinnen und Gärtnern aus dem deutschsprachigen Raum in einem aufwendig bebilderten Reiseführer zu Gärtnereien beschrieben zu werden? "Man fühlt sich geehrt, zu den 100 interessantesten Spezialbetrieben gezählt zu werden", sagt Kruse. "In meinem Online-Versand hat sich schon im vergangenen Jahr der Umsatz verdoppelt und in diesem Jahr verdreifacht. Das schaffe ich kaum noch." Das gestiegene Interesse an seinen Pflanzen verdankt er einem Umweltpreis vor zwei Jahren für plastikfreien Versand, dem wachsenden Interesse der Menschen an ihrem Garten im Corona-Jahr und eben dem aufwendig bebilderten Buch, das im Februar erschienen ist und schon den Gartenbuchpreis 2021 als bester Garten-Reiseführer abgeräumt hat.
Ja, Corona. "Das Schneeglöckchenfest auf Gut Bustedt im März 2020 war der letztmögliche Termin für einen Gartenmarkt", erinnert sich Anja Birne, deren zuverlässigste Einkommensquelle neben Vorträgen und Seminaren bis dahin die Organisation und Begleitung von gut gebuchten Gartenreisen nach Schottland, England mit London, die Niederlande und in verschiedene Regionen Frankreichs war.
"Für zwei Monate in Schockstarre verfallen"
So erfolgreich ihre Bücher wie "Die schönsten Gartenreisen in England" sein mögen - von den Honoraren leben kann die 60-Jährige nicht. "In der Woche nach dem Schneeglöckchenfest kam der Lockdown mit Reiseverboten und mir wurde bewusst, was das für mich bedeutet. Es war ein Berufsverbot und es war eine Katastrophe." Birne sieht sich in einer Reihe mit den von der Krise besonders gebeutelten Kulturschaffenden: "Es ist immerhin ein gutes Gefühl, nicht selber und allein als totaler Versager dazustehen. Aber ich bin für zwei Monate in Schockstarre verfallen."
In der Verzweiflung half ihr die Besinnung auf eine Buchidee, die sie zusammen mit der renommierten Gartenfotografin Marion Nickig schon 2019 entwickelt hatte. Für das Magazin "Blätterrauschen" des Vereins "Gartengesellschaft", deren ostwestfälische Vorsitzende sie ist, hatte sie ehrenamtlich einen Artikel über besondere und spezialisierte Gärtnereien und Baumschulen in ganz Deutschland verfasst.
"Bei der Recherche ist mir klargeworden, dass Gärtner einer der wichtigsten Zukunftsberufe ist und wie hilfreich ein Buch dazu sein könnte", erinnert sich die gelernte Gärtnerin und studierte Gartenbauingenieurin.
Nach dem Schock konzentrierte sie sich ganz auf ein Konzept und eine Liste für einen Reiseführer mit in Frage kommenden Gärtnereien. Sie telefonierte alle Gärtnerinnen und Gärtner ab, die sie teils schon aus ihrer früheren Tätigkeit als Landlust-Redakteurin kannte. Ein Ziel war, alle Regionen zu bedenken, und nicht nur alteingesessene, teils Jahrhunderte alte Betriebe, sondern auch die vielen "richtig coolen jungen Leute" in der Branche gleichberechtigt darzustellen.
"Viele richtig coole junge Leute arbeiten in Gärtnereien"
Die Auswahl fiel ihr nicht leicht, doch werden andere Gärtnereien in Neuauflagen eine Chance bekommen.
"Die erste Reportage über Wilhelm Kruse konnte ich kalt am Schreibtisch schreiben, weil ich ihn und seine Gärtnerei schon so gut kannte", erinnert sich Birne. Erste Interviews mit anderen Gärtnern führte sie am Telefon, weil Reisen auch innerhalb Deutschlands noch verboten waren. "Über den Sommer stabilisierte sich die Lage und man konnte wenigstens beruflich in Hotels übernachten", sagt sie. Die ersten Besuche führten sie in den Bremer und Oldenburger Raum und nach Hamburg, wo ihre Tochter wohnt. Die 14 Monate Arbeitszeit für das Buch wären ohne Corona gar nicht drin gewesen.
"Dann bin ich mit Marion Nickig nach Freiburg gefahren und wir haben vom Hotel aus sternförmig Gärtnereien in Süddeutschland besucht. Es war toll - so habe ich meine Schockstarre überwunden", erinnert sie sich an Begegnungen mit "so vielen tollen Leuten". Besonders beeindruckt haben sie Gärtnerinnen und Gärtner, die auch politisch und im Naturschutz engagiert sind und auch bedrohte Arten erhalten, wie etwa die Eheleute Härtl aus Hessen.
"Die Gärtnereien sind beflügelt vom Greta-Effekt und der Fridays-for-Future-Bewegung zur Rettung des Klimas", hat Anja Birne festgestellt. "Es gibt jetzt so viele Familien, die in eine Obstbaumschule gehen und regional angepasste Sorten kaufen wollen. Die haben zwar kleinere Früchte, als die hochgezüchteten Sorten, aber kommen am Standort besser zurecht." Manche Baumschule sei im Herbst ausverkauft gewesen.
"Wer kann da besser beraten als die Gärtner"
"Es wird immer trockener und die Leute merken in ihrem Garten: Das funktioniert so nicht mehr", weiß Birne. Auch das Insektensterben habe sich bei den Leuten herumgesprochen. "Sie wollen gerne mit geeigneten Pflanzen etwas dagegen tun, wissen aber nicht wie. Wer kann da besser beraten als die Gärtner?" meint sie. Auch die Städte müssten mit mehr Grün gegensteuern, dass sie nicht zu heiß und unbewohnbar werden. "Auf einen explosiven grünen Zeitgeist", wünscht Anja Birne in ihrer Einleitung und meint das nicht parteipolitisch.
Bis Oktober 2020 waren Autorin und Fotografin unterwegs und haben auch darauf geachtet, welche Ausflugsziele am Wegesrand zu empfehlen sein könnten. So gibt es am vom Architekten des Herforder Marta, Frank Gehry, entworfenen Vitra-Museum in Weil am Rhein einen von einem renommierten Gartengestalter entworfenen Staudengarten.

 

Preisgekrönter Reiseführer zu Gärtnereien

 

„Das große Buch der Gärtnerinnen und Gärtner“ von Anja Birne und Marion Nickig ist im Callwey-Verlag erschienen und kostet 39,95 Euro.

Das 256-seitige Buch ist unter ISBN: 978-3-7667-2526-4 erhältlich.

Eine Reihe von Interviews feiert eine „neue Gärtnergeneration“.

Für die nach Bundesländern geordneten und auch in einer Karte verorteten Gärtnereien steht jeweils eine Doppelseite zur Verfügung. Immer wieder sind weitere doppelseitige Fotos eingestreut.

Die Gärtnerinnen und Gärtner werden mit ihren Spezialitäten und Vertriebsmöglichkeiten aber auch persönlich vorgestellt.

Im Anhang gibt es eine Übersicht über die wichtigsten Gartenmärkte, Gartenvereine, Bildungseinrichtungen und Bezugsquellen für ausgefallenen Gartenbedarf.

 

Anja Birne wird am Donnerstag, 10. Juni, bei der VHS Herford in der Reihe „Go Green“ mit dem Internet-Programm Zoom einen Vortrag zu ihrem Buch halten. (fm) Nähere Informationen finden Sie unter www.vhsimkreisherford.de/20-68550

 

NW Herford, 12.05.2021, von Frank-Michael Kiel-Steinkamp

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