Wie freiwilllig kann Prostitution sein? Podiumsdiskussion in der VHS

Wie freiwilllig kann Prostitution sein? Podiumsdiskussion in der VHS 27.11.2018

Rotlicht: Resümee, welche Effekte das Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes im Kreis Herford hat

Kreis Herford. Es ist ein Spitzenplatz, der nicht stolz macht: Der Kreis Herford gehört bundesweit zu den Hotspots des Rotlichtmilieus. Um Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter zu schützen und auch gesundheitlich aufzuklären, wurde im Juli 2017 das neue Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet. "Wo stehen wir jetzt?", haben sich Einrichtungen aus dem Kreis Herford gefragt und während einer
Podiumsdiskussion in der Volkshochschule (VHS) in Herford Bilanz gezogen. Die Veranstaltung wurde organisiert von der Arbeitsgemeinschaft kommunaler Gleichstellungsstellen im Wittekindland. Silke Vahrson-Hildebrand, Leiterin des Kreis-Ordnungsamtes, kennt die aktuellen Zahlen: Derzeit seien 200 Frauen als Prostituierte im Kreis Herford tätig. Zudem seien 24 Anträge von Bordellbetreibern eingegangen, da sich das Prostituiertenschutzgesetz nicht nur an die Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen richtet, sondern auch an die Bordellbetreiber. Doch Vahrson-Hildebrand rechnet mit einer Dunkelziffer, die in den offiziellen Zahlen nicht berücksichtigt wird.

Die älteste angemeldete Frau ist 76 Jahre alt


Für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes kooperiert der Kreis Herford mit der Stadt Bielefeld. Kernstück des Gesetzes ist die Meldepflicht für Prostituierte und für Betreiber. Zusätzlich muss bei der Anmeldung eine Gesundheitsberatung stattfinden. Diese wird für alle Kreise im Regierungsbezirk Detmold von dem Gesundheitsamt Bielefeld durchgeführt. Beate Krabus vom Ordnungsamt Bielefeld führte viele Beratungsgespräche und kennt die OWL-weiten Zahlen: "Bis zum 22. November führten wir 732 Beratungen, stellten 697 Anmeldebestätigungen an die Prostituierten aus und registrierten 20 Abmeldungen." Monatlich würden insgesamt 40 bis 50 Anmeldungen eingehen. Die älteste angemeldete Frau sei 76 Jahre alt. "Wir haben im Ordnungsamt Bielefeld ein Team, das vorurteilsfrei in die Beratungen geht. Das ist auch wichtig", weiß Krabus. Da in dem Gespräch unter anderem ausgeschlossen werden soll, dass sich Frauen oder Männer zwangsprostituieren, soll eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden. "Wir sind mit unserer Arbeit zufrieden. Und die Rückmeldungen zeigen, dass es funktioniert." Zwar haben sich laut Krabus transsexuelle Personen angemeldet, Männer bislang jedoch nicht. "Obwohl das unserer Einschätzung nach nicht sein kann." Auch Katharina Hontscha-Stavropoulos von der Beratungsstelle "Theodora" erzählte von ihren Erfahrungen mit dem Prostituiertenschutzgesetz in der aufsuchenden Arbeit, also bei Besuchen der Frauen in den Bordellen. "In diesem Jahr wurden 110 Frauen von uns intensiv beraten und begleitet. Einen Ausstiegswunsch hatten 20 von ihnen, 38 Klientinnen sind ausgestiegen und 52 sind in der Prostitution verblieben", so Hontscha-Stavropoulos. Sie machte in ihrem Impulsvortrag auch deutlich, dass nicht alle Sexarbeiterinnen einen Ausstiegswunsch haben. Dieser Punkt führte an dem Abend zu einer regen Diskussion - sowohl zwischen den eingeladenen Gästen als auch im Publikum. Den Standpunkt, dass Prostitution niemals freiwillig ausgeübt wird, vertrat unter anderem Karen Ehlers von der Beratungsstelle "Sisters" aus Stuttgart. Sie stellte an dem Abend die Kampagne "Rotlicht aus" vor. "Prostitution in Deutschland gleicht einem Sklavenmarkt", sagte Ehlers. Die Kampagne setzt sich daher für ein Sexkaufverbot ein, bei dem nicht die Prostituierten für ihre Arbeit rechtlich belangt werden können, sondern die Freier. Unter www.rotlichtaus.de informieren die Macher über ihre Ziele und Hintergründe. Um das Thema in der Öffentlichkeit breit zu streuen, haben sie Motive entwickelt, die wahlweise als Citycards im Postkartenformat ausliegen oder auf Plakate gedruckt werden können. Darauf steht dann beispielsweise "Dein Spaß ist mein Horrortrip" oder "Du kommst und ich verkomme". Ehlers argumentierte, dass Freiwilligkeit von den Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen oft auch als Selbstschutz vorgeschoben wird. "Viele sprechen nach dem Ausstieg nicht mehr von Freiwilligkeit", so Ehlers. Armut, Drogenabhängigkeit oder posttraumatische Belastungsstörungen seien oft äußere Zwänge, die die Frauen in die Prostitution drängen würden.

Trotz Kontroversen herrschte ein einem Punkt Einigkeit

Trotz kontroverser Diskussion und verschiedenen Standpunkten herrschte über ein Thema Einigkeit: Sowohl die Podiumsgäste als auch Wortbeiträge aus dem Publikum machten deutlich, dass Prostitution auch eine Frage der Gleichstellung sei, da sie das Bild von Geschlechtern präge.

Beratung bei Theodora
- Seit 2011 gibt es in Herford die Prostituierten- und Ausstiegsberatung Theodora für Frauen.
- Die Mitarbeiterinnen gehen in der aufsuchenden Arbeit direkt in die Clubs.
- Jährlich sprechen sie dort ungefähr mit 600 Frauen.
- Über 70 Prozent dieser Frauen sind aus der EU zugewandert und haben keinen Zugang zum deutschen Hilfesystem.
- Theodora hilft Frauen unter anderem als Sprachmittler, bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen oder dem Ausstieg aus der Prostitution.
- Infos unter www.frauenhilfe-westfalen.de

Neue Westfälische, 27.11.2018, von Mareike Gröneweg

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