Herford zwischen Buchdeckeln 24.04.2023
Veranstaltungsreihe zur Präsenz und Bedeutung der Stadt in der Literatur
HERFORD (HK). Als ein Achsbruch die Kutsche Voltaires im November 1740 auf seiner Reise nach Berlin vor den Toren Herfords stoppte, fühlte sich der große Aufklärer in seinem Urteil vom „scheußlichen Westfalen“ mal wieder bestätigt. Für Schöngeister und Literaten war und ist die Stadt kein Sehnsuchtsort. Herford hat dennoch überraschende Spuren in der Literatur hinterlassen.
Die Veranstaltungsreihe „Herford erLesen“ des Städtischen Museums und der Volkshochschule im Kreis bringt sie in den nächsten Monaten ans Tageslicht. Wer weiß schon, dass Herford Schauplatz mehrerer Trivialromane aus dem 19. Jahrhundert war? „Und jüngst habe ich eine historische Komödie entdeckt, bei der es um Kinder aus Herford geht, die in den Orient reisen“, berichtet Museumsleiterin Sonja Langkafel vom aktuellsten Schatzfund.
Acht Veranstaltungen bis Ende Januar
Der Musiker, Literatur-Fan (und -wissenschaftler) Michael Girke schwärmt hingegen vom Schriftsteller Hans Jürgen von der Wense (1894- 1966), der Ostwestfalen bereiste und als auswärtiger Entdecker in erstaunlichen Beschreibungen schilderte. „Durch ihn lernt man die Region neu kennen, er macht viele Dinge neu sichtbar.“
Sichtbar ist das Haus an der Löhrstraße 5. Weitgehend vergessen ist, dass dort vor 200 Jahren eine Familie wohnte, die intensive Beziehungen zur westfälischen Vorzeige-Autorin Annette von Droste-Hülshoff pflegte. Auch diese besondere Freundschaft wird in der Reihe erkundet.
Und wer las eigentlich vor 250 oder 150 Jahren in Herford Bücher? Wo gab es sie? Wie war das damals, wenn man als Frau schreiben und davon leben wollte? „Denn Frauen wurden damals als Schriftstellerinnen überhaupt nicht ernst genommen“, sagt Langkafel. Sie schrieben deshalb nicht selten unter männlichen Pseudonymen.
Antworten darauf gibt es bei den Veranstaltungen. „Es geht dabei aber nicht immer nur um Herford, wir weiten den Blick auf die Region, in der sich viele Entwicklungen parallel vollzogen.“
Das Programm:
Donnerstag, 27. April, Elisabeth-von der-Pfalz-Berufskolleg, Löhrstraße 2, „Droste-Hülshoff Superstar oder Eine Frau mischt die Literatur auf“ (Referenten Michael Girke, Dorothee Glück, Sonja Langkafel);
1. Juni, 19 Uhr, VHS Münsterkirchplatz, „Reisen durch Herford“ (Referent Michael Girke);
29. Juni, „Alter Kasten“, Stiftbergstraße 23, „Grabbe und die Frage Bleiben oder gehen?“ (Referent Michael Girke und online zugeschaltet Musiker Frank Spilker von „Die Sterne“);
31. August, Haus unter den Linden, „Die Kunst des Wanderns“ (Referent Michael Girke);
28. September, Stadtbibliothek, „Als Ostwestfalen lesen lernte“, (Referenten Michael Girke, Walter Gödden vom Literaturmuseum Nottbeck);
26. Oktober, Städtisches Museum, „Das romantische Zeitalter“ (Referent Michael Girke, als Gast angefragt Mechthild Klein);
30. November, Städtisches Museum, „Herforder Geschichte(n)“ (Referent Michael Girke mit Sonja Langkafel, Norbert Sarhage u.a.);
25. Januar 2024, Städtisches Museum, „Schlipperdibix oder Herford lacht und singt“ (Referent Michael Girke, als Gast angefragt Julia Schmilgun). Alle Veranstaltungen beginnen um 19 Uhr, der Eintritt kostet jeweils 8 Euro.
Herforder Kreisblatt, Bernd Bexte, 22.04.2023
Foto © Bernd Bexte
Die Bewohner des Hauses Löhrstraße 5 (Foto) standen vor 200 Jahren in Verbindung zur großen Literaturwelt, namentlich zu Annette von Droste-
Hülshoff. Michael Girke, Sonja Langkafel und Monika Wirbel (VHS, von links) haben eine Veranstaltungsreihe konzipiert, die sich der Bedeutung und
Präsenz Herfords in der Literatur widmet. Auftakt ist am kommenden Donnerstag.
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