"Wir verlieren unsere Kinder“ 24.11.2025
Bildungsexpertin Silke Müller zu Gast in der vhs im Kreis Herford
Am Donnerstag, 20. November 2025, war die Bildungsexpertin, ehemalige Schulleiterin und 1. Digitalbotschafterin Niedersachsens, Silke Müller zu Gast in der Aula der Volkshochschule im Kreis Herford. Vor voll besetztem Haus sprach sie über die Inhalte ihres Bestsellers „Wir verlieren unsere Kinder – Warum soziale Netzwerke einem Haifischbecken gleichen“.
Gleich zu Beginn ihres rund 90-minütigen Vortrags warnte Müller das Publikum: „Niemand wird hier heute mit guter Laune nach Hause gehen.“ Denn so viele positive Seiten soziale Medien ohne Zweifel hätten, so dringend müsse auch über deren „Abgründe“ gesprochen werden.
In eindrücklichen Beispielen schilderte Müller, welchen Inhalten Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken ausgesetzt sind: Videos mit Gewalt gegen Tiere, sexualisierte Darstellungen – laut JIM-Studie gaben rund 30 Prozent der 12- bis 19-Jährigen an, in den vergangenen vier Wochen mit sexualisierter Gewalt im Netz konfrontiert worden zu sein – oder Live-Streams direkt von den Kriegsschauplätzen dieser Welt (Ukraine, Gaza, Sudan). All dies sei heute „nur einen Klick entfernt“.
Durch Künstliche Intelligenz lauern neue Gefahren für die Kinder. Schon ein einzelnes Foto eines Kindes könne ausreichen, um damit mittels KI täuschend echte Videos in kompromittierenden Posen zu erzeugen. Müller forderte daher klare politische Regelungen und sprach sich unter anderem für ein Handyverbot an Schulen bis einschließlich Klasse 10 sowie ein Mindestalter für Social-Media-Nutzung aus. Das Argument, Verbote ließen sich ohnehin nicht umsetzen, wolle sie nicht mehr hören: Auch andere Jugendschutzgesetze würden schließlich durchgesetzt.
Gleichzeitig betonte Müller, dass Verbote allein nicht ausreichten. Es brauche auch Medienkompetenz. Mitunter müsse sie Schülerinnen und Schülern Ratschläge geben, die auf den ersten Blick verstörend wirkten. Zwar wüssten alle Jugendlichen, dass sie keine intimen Fotos verschicken sollten – trotzdem passiere es immer wieder. „Dann achtet wenigstens darauf, dass euer Gesicht nicht zu sehen ist“, sagt sie ihren Klassen – ein Hinweis, der in der anschließenden lebhaften Diskussion erneut aufgegriffen wurde. Entscheidend sei stets, klar zu benennen, wer Täter und wer Opfer ist: Täter sei, wer Bilder verbreite, nicht die Person, die sie verschicke.
Besonders interessant wurde es am Ende der Diskussion für die anwesenden Herforder Eltern. Dana Kuntemeier-Wolff, Vorsitzende des Schulausschusses der Hansestadt Herford, fragte nach Müllers Haltung zu eigenen Geräten für Grundschüler – wie dies auch in Herford der Fall ist. Müllers Antwort war eindeutig: Sie lehne eigene Tablets für Grundschüler ab; eine Pool-Lösung mit Geräte-Koffern für den Unterricht sei vollkommen ausreichend.
Zum Schluss gab Silke Müller den Zuhörerinnen und Zuhörern noch einen persönlichen Rat mit auf den Weg: „Sie haben heute viel Erschütterndes gehört. Aber wenn Sie nach Hause kommen, umarmen Sie Ihr Kind und sagen Sie ihm, dass es das großartigste Kind der Welt ist. Eine starke Bindung ist die beste Voraussetzung dafür, dass es im Haifischbecken der sozialen Medien bestehen kann.“
