Kämpferin für einen friedlichen Islam

Kämpferin für einen friedlichen Islam 22.02.2018

Vortrag unter Polizeischutz: Die muslimische Anwältin Seyran Ates spricht in der VHS

Herford (HK). Personenschützer des Landeskriminalamtes und Ausweiskontrollen am Eingang: Angespannt war die Atmosphäre am Dienstagabend bei der Veranstaltung mit Seyran Ates in der Volkshochschule am Münsterkirchplatz. Die bekannte Anwältin und Frauenrechtlerin setzt sich für einen friedlichen Islam ein, der den Dialog mit anderen Religionen pflegt. Gemeinsam mit anderen Muslimen hat Seyran Ates in Berlin die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee gegründet. Dort können Frauen – mit Kopftuch oder auch ohne – in einem Raum neben Männern beten. Und sie hat sich zur Imamin ausbilden lassen.

Das alles und ihre Bücher wie »Der Islam braucht eine sexuelle Revolution« oder aktuell »Selam, Frau Imamin« brachten ihr Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen ein. Seyran Ates hat gelernt, mit dem Hass von Extremisten zu leben: 1984 erschoss ein Mann eine türkische Klientin, für die sie in einer Beratungsstelle gerade ein Dokument übersetzte. Seyran Ates selbst wurde von einer Kugel in den Hals getroffen, überlebte: »Ein Wunder«, sagt die 54-Jährige heute. Für sie war der feige Angriff ein »Jetzt-erst-recht«-Anstoß, sich zu für einen modernen Islam der Vielfalt zu engagieren – und gegen die Unterdrückung der Frau, gegen Ehrenmorde, Zwangsverheiratung und auch gegen Kopftuch-Zwang. Vor den 110 Zuhörern in Herford sagt sie: »Vielen Dank an die Sicherheitskräfte und an dieses Land, das Menschen beschützt und unsere Arbeit erst möglich macht – die Arbeit derer, die nichts anderes wünschen, als Teil dieser Gesellschaft zu sein.«

Liberale Muslime seien Teil der islamischen Welt. »Wir behaupten für uns und für unsere Moschee nicht, dass der wahre Islam nur so zu praktizieren ist, wie wir das tun. Aber wir zeigen: So geht es auch.« Und Millionen Muslime auf der Welt wünschten sich genau das. Dies sei die gute Nachricht angesichts der Drohungen und hasserfüllter Postings, die es auch im Vorfeld der Veranstaltung in Herford gab: »Daran sieht man, dass diese Leute keine inhaltliche Auseinandersetzung führen wollen.« Andere danach abzuurteilen, wie sie ihren Glauben leben, bezeichnete die Aktivistin als Anmaßung. In Deutschland nehme sie wahr, dass Muslime immer häufiger und offensiver ihre Religion zur Schau stellten »als das Einzige, das gilt«. Hier müsse sie als Verfassungspatriotin »Stop« sagen: »Ich will nicht, dass eine Religion unsere Gesetze und unsere Gesellschaftsordnung bestimmt.«

Kritisch beleuchtet die Juristin auch den türkischen Staatsislam und seinen Einfluss in Deutschland. Die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen ist Seyran Ates ein wesentliches Anliegen. Dabei stellt sie klar: »Ich kämpfe nicht gegen den Islam, sondern gegen das Patriarchat – Männer sollen nicht bestimmen dürfen, wie wir Frauen zu leben haben.«

© Peter Schelberg, Herforder Kreisblatt,  Herford, Donnerstag 22. Februar 2018

© Kopf des Tages , Herforder Kreisblatt,  Herford, Donnerstag 22. Februar 2018

 

 

Für die Freiheit des Glaubens

Buchvorstellung in der VHS unter Polizeischutz: Seyran Ates ist Anwältin, Frauenrechtlerin und Kritikerin eines patriarchalisch geprägten Islam

Herford. "Wie ich in Berlin eine liberale Moschee gründete" - im Plauderton kommt der Untertitel des Buches "Selam, Frau Imamin" daher. Er lässt nicht erwarten, dass die Autorin Seyran Ates ihr neues Buch nur unter Sicherheitsvorkehrungen, wie sie kaum ein Minister bei öffentlichen Auftritten erfährt, in der Aula Herforder Volkshochschule vorstellen kann. Das Titelfoto zeigt eine offensichtlich in sich ruhende, grauhaarige Frau mit Gebetskette in den Händen. Es täuscht darüber hinweg, dass Ates streitbar sein kann und mit ihren Ansichten und Taten den Hassund Drohungen bestimmter Kreise auf sich zieht. Der Polizeischutz ist nicht nur bei Vorträgen, er ist rund um die Uhr für sie notwendig.

VHS-Chefin Monika Schwidde hat von diesem Hass in Facebook-Kommentaren selbst einen Eindruck bekommen. Sie muss die türkischstämmige Anwältin aus Berlin am Dienstagabend eigentlich gar nicht vorstellen. Die prominente, mit Ehrungen überhäufte Frauenrechtlerin und Kritikerin eines Islam konservativ-patriarchalischer Prägung ist dem rund hundertköpfigen, ihr überwiegend wohlgesonnenen und überwiegend weiblichen Publikum durchaus bekannt.

Schwidde erinnert dennoch daran, dass die junge Seyran Ates selbst schwer verletzt wurde und nur knapp überlebt hat, als ein muslimischer Mann in einer Beratungsstelle seine Frau erschossen hat. Dieses Erlebnis habe sie sogar in ihrem Glauben bestärkt, wird Ates später am Abend berichten.

Sie bedankt sich ausdrücklich für den Schutz, den ihr der deutsche Staat gewähre: "Das ist der Unterschied zwischen echter Demokratie und Wahlurnendemokratie."

Deutschland reagiert nach ihrer Meinung in der falschen Auffassung, als rassistisch zu gelten, zu rücksichtsvoll auf staatsfeindliche Tendenzen in Teilen des konservativen Islam. Ates: "Ich will nicht, dass Religion die Gesellschaftsform bestimmt." Sie will auch nicht, dass vermeintliche Autoritäten darüber bestimmen können, ob und wie andere Menschen ihren Glauben leben. Sie wirft der deutschen Regierung auch ein Übermaß an Rücksicht gegenüber der Regierung Erdogan vor. "Wie kann es ein, dass der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor der türkischen Delegation geschützt werden muss?" fragt sie.

Ates hat im vergangenen Jahr im Raum einer Berliner Kirchengemeinde mit Gleichgesinnten eine liberale, basisdemokratische Moschee gegründet, in der Frauen und Männer verschiedener muslimischer Glaubensrichtungen gleichberechtigt Gottesdienst feiern können. Hier werden traditionelle Regeln nicht gelebt, die nach Ates? Ansicht erst in späteren Jahrhunderten von Männern insbesondere zur Unterdrückung von Frauen aufgestellt wurden. Dazu gehört nach ihrer Meinung das Kopftuchgebot. Während sie nicht sage, dass alle Moscheen wie ihre sein sollten, sprächen ihrer Moschee konservative Kreise die Existenzberechtigung ab.

Neue Westfälische, 22.02.2018, von Frank-Michael Kiel-Steinkamp

 

 

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